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Dienstag, 19. März, 2024
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Reisestraße verbindet 25 Whiskey-Destillen

Der Tennessee Whiskey Trail lässt hinter die Fassaden blicken

Die Gilde der Brenner von Tennessee hat eine Reiseroute ins Leben gerufen, die tiefe Einblicke in 25 Whiskey-Destillen gewährt.

Bourbon spielt hier nur eine Nebenrolle: Die neue Reisestraße Tennessee Whiskey Trail mit ihren 25 Stopps führt vielmehr zu „Moonshine“ – und zu Hochprozentigem, das sich erst nach eine Passage durch Holzkohle „Tennessee Whiskey“ nennen darf.

Moonshine ist das raue Getränk der alten Schwarzbrenner, die im Schutze der Nacht bei Mondschein vor allem Mais und Zucker in Rachenputzer verwandelten. Während des Alkoholverbots in den USA 1920 bis 1933, der „Prohibition“, brachten „Bootlegger“ den Stoff in die „Speakeasy“-Clubs, die Flüsterkneipen in den Städten; auch danach blühte der Schmuggel mit Unversteuertem. Immer auf der Flucht vor dem Sheriff, tunten die Bootlegger ihre Autos zu Boliden, und bald fuhren sie Rennen. So entstand in den Südstaaten die Rennserie NASCAR:  mit dem Bristol Motor Speedway ganz im Nordosten von Tennessee als einem der größten Rennkurse der USA, und dem Nashville Superspeedway am östlichen Rand der der Staatshauptstadt.

Brennerei Old Forge Moonshine von Pigeon Forge, Tennessee (photo: Tennessee Tourism)
Brennerei Old Forge Moonshine von Pigeon Forge, Tennessee (photo: Tennessee Tourism)

In den letzten Jahren trauten sich einige Moonshiner ans Tageslicht. Die zumeist kleinen Familienbetriebe zahlten nun Steuern und fanden im Süden schnell begeisterte Kunden. So betreibt Billy Kaufman – Sprössling einer weltbekannten amerikanischen Reisegepäck-Dynastie – in einem grob gezimmerten Verhau beim Örtchen Woodbury die Short Mountain Destillery. Überall im Staat sind zudem Neugründungen aus dem Boden geschossen, etwa am Great Smoky Mountains National Park in Pigeon Forge die Ole Forge Destillery und Tennessee Moonshine von Gatlinburg. Ihre Produkte füllen die Moonshine-Brenner, wie zu Mondlichtzeiten, in Einmachgläser ab. Meistens gibt es sie auch als fruchtige Mischgetränke, ob nun mit Melone, Erdbeere oder Pfirsich. Kostenlose Verköstigungen schaffen Überblick in der oftmals hochkreativen Vielfalt.

Das Tennessee Stillhouse in Chattanooga verkauft feineren, auch „experimentellen“ Whiskey in schönen Flaschen und gräbt dafür teils zwei Jahrhunderte alte Rezepte wieder aus. Mussten Tim Piersant & Joe Ledbetter anfangs noch außerhalb des Staates produzieren, so geschieht dies jetzt auch in den eigenen Räumen der Mikro-Destille und Bar: mit Chattanoogas erster Brennerei-Lizenz seit der Prohibition. Die beiden Gründer sind stolz darauf, dass sie „100 Jahre Prohibition ungeschehen machen“. Sie übertreiben kaum, denn auch vorher gab es schon Verbote, und noch heute sind viele Landkreise in Tennessee „trocken“. Manche können das Verbot nicht aufheben, denn ein Gesetz des Staates verlangt eine Volksabstimmung. Dumm nur: Ein anderes Gesetz schreibt dafür eine Einwohnerzahl von mindestens Ein-Tausend vor, und die muss man erstmal haben.

Weit von dieser Marke entfernt rangiert ausgerechnet Moore County, die Heimat einer Weltmarke. Die Jack Daniel Distillery ist Mitglied der Gilde und ein Stopp auf dem Trail. Sie produziert in Lynchburg mit ihrem Tennessee Whiskey jede Flasche eines Getränks, das sich ebenfalls vom Bourbon deutlich abgrenzt. Verkürzt gesagt: Man gibt herkömmliches Bourbon-Destillat nicht gleich ins Fass, sondern lässt es vorher durch fein zerbröselte, drei Meter hoch geschichtete Holzkohle aus Zuckerahorn träufeln, was die Fuselstoffe herausfiltert. Die Passage dauert drei Tage. Nur was diese Reise absolviert hat, darf sich „Tennessee Whiskey“ nennen. Unten heraus kommt Kristallklares; seine Farbe gewinnt der Whiskey erst in ausgeflämmten Eichenfässern. Früher gab es Hunderte Hersteller von Tennessee Whiskey, heute sind es noch zwei: neben der Weltmarke ist es George Dickel im nahen Cascade Hollow bei Tullahoma, ebenfalls vor anderthalb Jahrhunderten gegründet: von Georg Adam Dickel, einem Einwanderer aus Hessen-Darmstadt. Sein Whisky schreibt sich, untypisch für die USA, wie in Schottland ohne „e“.

So klein der Betrieb auch ist, spielt George Dickel doch eine sehr wichtige Rolle: damit, zu unterstreichen, dass „Tennessee Whiskey“ nicht etwa gleichbedeutet ist mit der Weltmarke nebenan, sondern eine ganz eigene Kategorie neben dem Bourbon darstellt. Beide Destillen überstanden die Prohibition, weil sie Whiskey in kleinen Mengen als Medizin brennen durften. Heute bieten sie kostenpflichtige Führungen durch die Produktion an. Verbote hin oder her: Gegen einen Aufpreis gibt es auch in Lynchburg eine Verköstigung, zudem sind besondere Abfüllungen für Sammler im Angebot. Einer der Führer, Dusty Dickey, weiß alles über Holzkohle und den Whiskey, ist er doch ein direkter Nachfahre des Startup-Gründers von 1866, Jack Daniel.

Die Website www.tnwhiskeytrail.com weist den Weg zu allen 25 Betrieben. Dort findet man auch eine ausgearbeitete Route von zehn Tagen. Wer alle besucht und in seinem Trail-Pass abstempeln lässt, bekommt ein kleines Geschenk. Doch ist die Route so angelegt, dass auch Teilstücke viele Erlebnisse bieten.
Die Tennessee Distillers Guild hat den Tennessee Whiskey Trail am 19. Juni 2017 mit einem Fest in Franklin eingeweiht.

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Mehr: Tennessee Reiseinfos

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